Das Problem beginnt, wenn man die Künstlichkeit all dessen vergisst, wenn man es unterlässt, jenen Festsetzungen Achtung zu zollen, die für unseren Geist – für unsere Reflexsinne, vielleicht – aus der Musik ein analysierbares Erzeugnis machen. Der Ärger beginnt, wenn wir anfangen, so beeindruckt zu sein von den Strategien unseren systematisierten Denkens, dass wir vergessen, dass es sich auf eine Kehrseite bezieht, dass es herausgehauen ist aus der Negation, dass es nur einen sehr geringen Schutz bietet gegen die Leere der Negation, die uns umgibt. Und wenn das geschieht, wenn wir diese Dinge vergessen, beginnen alle möglichen mechanischen Ausfälle die Funktion der menschlichen Persönlichkeit zu stören. Wenn die Menschen, die eine Kunst wie die Musik ausüben, zu Gefangenen jener positiven Annahmen des Systems werden, wenn sie vergessen, jenes Geschehnis gegen die Negation, welches das System ist, anzuerkennen, und wenn sie den Respekt verlieren vor der Unermeßlichkeit der Negation im Vergleich zum System – dann machen sie sich selbst unerreichbar für jene Erfüllung der Invention, auf die schöpferische Ideen angewiesen sind, denn Invention ist, in der Tat, ein vorsichtiges Eintauchen in die Negation, die außerhalb des Systems liegt, von einer fest im System verankerten Postion aus. …

Die praktischen Anliegen des systematisierten Denkens und die spekulativen Möglichkeiten des schöpferischen Instinkts im Gleichgewicht zu halten wird die schwierigste und wichtigste Aufgabe Ihres Lebens in der Musik sein.

Quelle: Glenn Gould: Von Bach bis Boulez

 

Schreibe einen Kommentar