Auch eine differenziertere Betrachtung totalitärer Politik, die das Klischee von der monolithischen, konfliktfreien Herrschaft widerlegt, deckt noch immer wesentliche Unterschiede gegenüber den traditionellen Autokratien oder Diktaturen auf – im Dritten Reich wie im stalinistischen Regime, die beiden >>klassischen<< Ausprägungen totalitärer Diktatur. Entscheidende Merkmale bleiben: die absolut gesetzte, exklusive Ideologie mit revolutionärem Anspruch; die Legalisierung des unkontrolliert von oben gesteuerten Terrors im Sinne des Freund-Feind-Prinzips und die Glorifizierung der Gewalt im Dienst einer chiliastisch entworfenen Zukunftsordnung; monopolistische >>Kontrolle<< der Macht, zugleich totale Erfassung und Ausrichtung der Gesellschaft mit dem Ziel, den >>neuen Menschen<< für diese Ordnung zu schaffen; die Negierung sozialer Konfliktlagen und die Unterdrückung jeglicher Opposition zugunsten des technologisch verstandenen, ideologisch sanktionierten Funktionsprinzips; schließlich die unvermittelte, irrationale Identifizierung der Herrschaft einer Führung – Diktator oder Clique – mit den Interessen des >>Ganzen<<, der dekretierten Volksgemeinschaft oder einer absolut gesetzten Klasse. Dabei ist keine einfache Scheidung zwischen totalitären und autoritären Systemen möglich: Diktaturen werden, ob >>faschistisch<< oder >>kommunistisch<<, in ihrer besonderen Ausprägung nach der Stärke totalitär-revolutionärer oder autoritär-traditioneller Elemente zu klassifizieren sein. 

Quelle: Die deutsche Diktatur. Entstehung Struktur Folgen des Nationalsozialismus