Von Ralf Keuper

Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, sorgt mit seinen Arbeiten über den Einsatz von Heuristiken bei der Entscheidungsfindung seit einiger Zeit auch international für Aufsehen. In einem Interview mit das gehirn.info erklärt er die Grundzüge seiner Theorie an einigen Beispielen.

Anders als die gängigen Entscheidungstheorien, die von Situationen mit bekannten Risiken ausgehen, ist die Realität von Unsicherheit geprägt. Eine Nutzenkalkulation ist dadurch nicht möglich, da nicht alle Alternativen mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und dem erwartenden Nutzen bekannt sind. Ganz abgesehen von dem Faktor Zeit. Auch die Neurowissenschaft der Entscheidung begeht seiner Ansicht nach denselben Fehler, wenn sie in Experimenten den Probanden Aufgaben aus bekannten Situationen, wie dem Lotto-Spielen, stellen und damit auf das Verhalten in der Realität schließen.

Häufig genügt es, seine Entscheidungen auf die Erfahrung bzw. Wiedererkennung und einige wesentliche Merkmale mit hoher Trennschärfe zu konzentrieren. Gigerenzer bringt es auf die Formel:

Heuristik ist eine Regel, die sich auf das Wesentliche konzentriert und das Restliche ignoriert.

Damit erhält der unbewusste Anteil in der Entscheidungsfindung, die Intuition bzw. das Bauchgefühl, besonderes Gewicht.

Dennoch geht Gigerenzer nicht so weit zu sagen, dass die Intuition immer das Mittel der Wahl ist. Um innovativ zu sein, ist es seiner Ansicht nach allerdings nötig, auf das Bauchgefühl zu hören. Danach ist es durchaus angebracht, auf bewährte Methoden und Verfahren (Algorithmen) zurückzugreifen.

Weitere Informationen:

Quantitative Methoden: Strukturiertes Denken jenseits der Intuition

Niedergang des kritischen Bedürfnisses (Johan Huizinga)

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