Von Ralf Keuper
Was immer die Erklärung ist, man kann überzeugt sein, dass jede religiöse oder soziale Bewegung, mag sie auch den aggressivsten Anti-Intellektualismus predigen, begeisterte Unterstützung durch einige Intellektuelle finden wird, die in der bürgerlichen Zivilisation des Westens groß geworden sind und deren Werte ostentativ verwerfen, um sich der Herrlichkeit gesunder Barbarei zu beugen. (in: Intellektuelle contra Intellekt)
Damit sind zwei weitere führende Köpfe der SZ der Nachkriegszeit belastet. Erst im letzten Jahr kam zum Vorschein, dass einer der Gründer der SZ, Franz Josef Schöningh, weitaus intensiver mit dem nationalsozialistischem Regime kollaboriert hatte, als bis dahin bekannt war. Weder bei Proebst, noch bei Schuster und ganz gewiss auch nicht bei Schöningh handelte es sich um Personen, die aufgrund ihres Bildungsniveaus als besonders empfänglich für anti-intellektuelles Denken gelten konnten.
Kurz, diese ganze Schicht des intellektuellen Deutschlands, das in der mehr goethischen, romantischen Periode seine Wurzeln hat, ist ganz Nazi-verseucht, ohne zu wissen warum (in: Harry Graf Kessler. Tagebücher. Tagebücher 1918-1937)
Seine (Wundts) nicht sehr tiefe Rede verstärkte aber doch in mir die Zweifel am Wert der „deutschen Weltanschauung“ und „deutschen Philosophie“, die schließlich mit einem übersteigerten Indivdualismus, Historismus, Nationalismus, mit der Überbewertung des Organischen gegenüber dem Vernünftigen zum Weltkrieg und zu allem Elend und Barbarismus unserer Zeit geführt haben.
In einem Interview mit Wolf Jobst Siedler und Frank A. Meyer erzählte Joachim C. Fest, dass in seinem Elternhaus die Werke von Thomas Mann, wie Die Buddenbrooks, nicht geduldet wurden. Für den Vater Joachims Fests („Thomas Mann kommt mir nicht ins Haus“) war Thomas Mann durch seine Betrachtungen eines Unpolitischen ein Gegner der Republik und der Demokratie. Später hat Thomas Mann u.a. durch seine Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft öffentlich Partei für die Demokratie ergriffen. Trotzdem bleibt ein verstörendes Ereignis, das Wolf Lepenies in Thomas Mann und sein „Bruder Hitler“ schildert. Lepenies nimmt darin Bezug auf den Essay „Bruder Hitler„, den Mann 1938 im amerikanischen Exil niederschrieb.
Weitere Informationen:
Leszek Kolakowski: Intellektuelle contra Intellekt