Opportunisten wie ich hegen starke Sympathie für Pendants. Sie sind für mich eine Form, die vor Einseitigkeit schützt und das Denken abwechslungsreich hält, aber auch bewusst machen kann, wie Urteile sich jeweils einem Arrangement verdanken und daher nie etwas Endgültiges sind. Statt in der beurteilten Sache selbst zu liegen, sind Erkenntnisse und Bedeutungen vielmehr durch das Setting bedingt, in das die Sache jeweils gebracht wird. Insofern sind Pendants Instrumente gegen essentialistische Neigungen; sie verhindern, etwas fest als etwas auszugeben. Un wer der Idee des Pendants konsequent folgt, wird das In-der-Schwebe-Halten sogar zelebrieren, die Pendelbewegung zu keinem Abschluss kommen lassen und sich jeder endgültigen Aussage enthalten.
Von Ralf Keuper
Bücher wie dieses, kommen viel zu selten vor. In Des Geistes Gegenwart. Eine Wissenschaftspoetik befreit Wolfgang Ullrich die Wissenschaftstheorie von dem engen Korsett der widerspruchsfreien Logik.
Als Kunstwissenschaftler und Medientheoretiker ist Ullrich für dieses Vorhaben geradezu prädestiniert.
Seine eigene Haltung bezeichnet Ullrich als die eines Opportunisten, der nicht an letztgültige Beweise und ins Absolute verklärte Bedeutungen glaubt. Dafür ist ihre Herkunft zu sehr von menschlichen Interessen und Eitelkeiten bestimmt.
Der Opportunist im Ullrichschen Sinne hütet sicher daher vor einseitigen Positionen:
Es wäre voreilig, in dieser Haltung ein Plädoyer für Beliebigkeit oder Anything Goes erkennen zu wollen. Eher entspricht sie einem Denkstil, der flexibel genug ist, um unterschiedliche Positionen aufzunehmen, ohne sich von einer einzigen oder wenigen dominieren zu lassen. Letztendlich läuft das für mich auf die Verwendung des gesunden Menschenverstands hinaus, der glücklicherweise weitgehend unabhängig vom Bildungsstand und der Herkunft ist.