Thesen zum Sprachstil (soweit sie in Beziehung stehen zu Flecks ‚Denkstil’)
- Sprachstil ist Gestaltetheit. Er ist unentbehrlich und unvermeidbar, weil jede gedankliche Hervorbringung, um wahrnehmbar zu sein, eine Form, eine Gestalt haben muss. Alles, was wir inhaltlich erfassen, mitteilen und rezipieren wollen, bedarf der sinnlich wahrnehmbaren Darbietung. Dieser Tatsache entsprechen die Kategorien ‚Denkstil’ und ‚Sprachstil’.
- Stil ist nicht Hülle, sondern an der Gestalt sichtbar gemachter sozialer und/oder ästhetischer Sinn. Durch seine Wahrnehmbarkeit schon vermittelt er Inhalt. Er ist insofern „sinnhaft“ (Sandig 1986: 14), als auch die Form eines Artefakts uns etwas mitteilt. Wir gehen über die Gestalt eines Textes nicht uninformiert hinweg zum „eigentlichen“ Inhalt, sondern wissen – ganz im Gegenteil –, dass auch die Form für unser Verstehen von Bedeutung ist. Im Fall wissenschaftlicher Texte besteht die Bedeutung darin, Denkstile und Denkwege wahrnehmbar zu machen.
- Stil steuert die Rezeption. Er gibt Hinweise darauf, wie man einen Text zu lesen hat, welcher Gattung/Textsorte er zuzuordnen, in welchem Licht er zu rezipieren ist. Je nach Form des Textes stellen wir uns auf bestimmte Rezeptionsweisen ein: literarische, alltägliche, fachliche. Ein Wissenschaftsstil erfordert „wissenschaftliches“ Lesen – und Denken.
- Stil ist intendiert. Er ist die spezifische Art von Textgestalt, die ein Textproduzent bzw. ein Kollektiv von Textproduzenten hervorbringen, um bei Adressaten eine bestimmte Wirkung zu erreichen. Aus pragmatischer Perspektive ist Stilbilden als intentionale Handlung zu betrachten. Hier ist die Intention, Denkwege zu eröffnen und begehbar zu machen.