Von Ralf Keuper
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Genetik auch in der Geschichtswissenschaft Einzug hält. Seinen aktuellen Ausdruck findet diese Strömung in der Umbenennung des Jenaer Max-Planck-Instituts für Ökonomik in das für „Geschichte und Naturwissenschaften.“
Jörg Feuchter wertet das in Die DNA der Geschichte als einen begrüßenswerten und überfälligen Schritt. In seinem Artikel liefert Feuchter eine Fülle von Beispielen, die zeigen, dass die Genetik der Geschichtswissenschaft neue Impulse geben kann. Einige bisher als sicher geglaubte Tatsachen konnten widerlegt oder modifiziert werden.
Wie wohl nicht anders zu erwarten, stösst die Verbreitung der „Leitwissenschaft“ Genetik in Fachkreisen nicht nur auf ungeteilten Zuspruch, wie bei Jan Keupp, der seine punktuelle Kritik in seinem Blog-Beitrag Kein Wunder nirgendwo – die genetische Herausforderung der Geschichte zusammenfasst. Darin schreibt er u.a.:
Der Fehler liegt zumeist auf Seiten jener Historiker, die den methodischen Grundlagen des eigenen Faches nicht mehr vertrauen und unüberlegt der vermeintlichen Faktizität naturwissenschaftlicher Evidenzen huldigen
Wie Wolfgang Ullrich in Des Geistes Gegenwart darlegt, werden selbst vermeintlich objektive Forschungsergebnisse mit einer Bedeutung aufgeladen, die weniger den Tatsachen oder Daten, sondern eher der Interpretation der Forscher entstammen. Letztlich ist auch die Genetik nichts anderes als eine weitere Repräsentationstechnik. Irgendwie wäre das die Rückkehr der Hegelschen und Spenglerschen Geschichtsphilosophie im neuen Gewand.
Überhaupt sei an dieser Stelle an die diversen Veröffentlichungen des Chemikers und (ungewollten) Wegbereiters der Genetik, Erwin Chargaff, erinnert, wie auf das Fernseh-Interview Sünden und Tricks der Genklempner:
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Eine neue Symbiose von Genetik und Sprachwissenschaft? Hoffentlich keine alte!