Von Ralf Keuper
Niccolo Machiavelli war, wie es gegen Ende der hörsenwerten Dokumentation Niccolò Machiavelli Portrait heisst, der erste politische Philosoph, der das politsche Geschäft nicht mit der moralischen Brille betrachtete, sondern aus dem Blickwinkel der Effizienz, also danach, welches Verhalten dem Machterhalt dient und welches nicht.
In seinem bekanntesten Werkt Der Fürst finden sich bereits Gedanken, die gut zu dem passen, was heute unter “Realpolitik” und “Staatsräson” bekannt ist.
Es muss sich daher ein Fürst angewöhnen, sich nie anders zu äußern als auf eine jenen fünf Tugenden entsprechenden Weise, so dass jeder, der ihn sieht, überzeugt ist, er sei die Güte, die Redlichkeit, die Treue, die Höflichkeit, die Frömmigkeit selbst. Letztere Eigenschaft besonders darf er nie unterlassen äußerlich zu zeigen; denn die Menschen pflegen gemeiniglich mehr nach den Augen als nach den Händen zu urteilen; denn jeder ist in der Lage zu sehen, wenige aber zu fühlen. Jeder sieht, was der Fürst scheint, aber fast niemand weiß, was er in Wirklichkeit ist, und diese Minorität wagt es nicht, der Meinung der vielen entgegenzutreten, welche der Schild der Majestät des Staates deckt.
Man beurteilt die Handlungen aller Menschen, besonders aber die Handlungen der Fürsten, welche keinen Richter über sich haben, bloß nach ihrem Erfolge – Es muss also des Fürsten einziger Zweck sein, sein Leben und seine Herrschaft zu erhalten. Man wird alle Mittel, derer er sich hierzu bedient, rechtfertigen, und jeder wird ihn loben; denn der Pöbel hält sich nur an den äußeren Schein und beurteilt die Dinge nur nach ihrem Erfolge. Nun ist aber nichts in der Welt als Pöbel, und die wenigen zählen nicht, wenn die vielen im Staat keinen Rückhalt haben. Es lebt noch jetzt ein Fürst, den man nicht öffentlich nennen kann, der aber stets die Worte Frieden und Treue im Munde führt – aber gewiss schon längst seine Ehre und Länder verloren haben würde, wenn er immer nach seinen Worten gehandelt hätte.