Demjenigen, der großes Wissen erstrebt, strömen die Fakten zu, dem Gebildeten erschließt sich jedesmal eine Welt. Diese Welt ist vielschichtig und nicht auf einmal zu bewältigen, wie der Wißbegierige annimmt. Sie verändert sich mit den verschiedenen Lebensaltern oft so sehr, dass das Neue, das dabei hinzukommt, stets wie eben entdeckt wirkt. Deswegen die jedesmalige tiefe, stille Begeisterung über so eine Neuentdeckung beim Gebildeten. Neue Tiefen hellen sich auf, und höhere Gefühlsreize entstehen dabei. Dadurch ändert sich der ganze innere Mensch fortwährend. Nicht nur seine geistige Selbständigkeit reift, nicht nur seine Witterung für das Wesentliche steigert sich, auch die Art, Aufgenommenes gedanklich und gefühlsmäßig auszuschöpfen, nimmt ganz bestimmte Züge an, und zuletzt ist er der Ausdruck alles dessen. An die Stelle von Übertriebenheit und Banalität tritt die zwingende, klare Einfachheit, und das Kennzeichen eines wahrhaften Gebildeten ist sein völliges Freisein von jeder eitlen Überheblichkeit.

Quelle: An manchen Tagen – Reden, Gedanken und Zeitbetrachtungen

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