Von Ralf Keuper

In ihrem Vortrag Der Geist des Handwerks und die technische Welt von morgen diagnostiziert Nicole Karafyllis einen Verlust an Technikmündigkeit. Es gebe ein Zuviel an Digitalisierung; sinnlich-praktische Erfahrungshorizonte werden dadurch vernachlässigt. Kreativität entsteht, indem man etwas macht. Auch die Mechanik kommt nicht ohne Erfahrung aus; sie lässt sich nicht vollständig Mathematisieren. Wichtig bleiben Erfahrung, Regeln und Vorbilder.

Bis dato gibt es keine Theorie für die Technikwissenschaften. Philosophen, die sich intensiv mit der Bedeutung des Handwerks bzw. der Handarbeit beschäftigt haben, waren bzw. sind Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik, mit der Unterscheidung zwischen Handeln (Praxis) und Machen (Poesis), Hannah Arendt mit Vita Activa und Richard Sennett mit seinem Buch Handwerk. Für Sennett bedeutet Dinge manuell zu machen und zu tun, zu lernen, mit den Ambivalenzen des Lebens umzugehen, nämlich das etwas nicht sofort funktioniert (Geduld), dass etwas gar nicht funktioniert (Frust) und dass etwas anders funktioniert (Alternative). Die Digitalisierung dagegen strebt nach Perfektion, weil etwas schon immer funktionsfähig ist bzw. sein muss.

Weitere Informationen:

Künstler und Strichezieher – Konstruktions- und Technikkulturen im deutschen, britischen, amerikanischen und französischen Maschinenbau zwischen 1850 und 1930

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