Da all unsere Dispositionen in gewissem Sinne Anpassungen an konstante oder sich langsam verändernde Umweltbedingungen sind, kann man sie als theoriegetränkt bezeichnen, wobei der Ausdruck “Theorie” in einem genügend weiten Sinne zu nehmen ist. Ich meine, dass sich jede Beobachtung auf bestimmte typische Situationen – Regelmäßigkeiten – bezieht, zwischen denen sie entscheiden möchte. Und ich denke, wir können sogar noch mehr behaupten: Es gibt kein Sinnesorgan, in das nicht antizipierende Theorien genetisch eingebaut wären. Das Auge einer Katze reagiert in bestimmter Weise auf eine Anzahl typischer Situationen, für die vorbereitete Mechanismen in seine Struktur eingebaut sind: Sie entsprechen den biologisch wichtigen Situationen, zwischen denen unterschieden werden muss. Die Disposition, zwischen diesen Situationen zu unterscheiden, ist also in das Sinnesorgan eingebaut, und damit die Theorie, dass genau diese die bedeutsamen Situationen sind, zu deren Unterscheidung das Auge zu verwenden ist.
Die Tatsache, dass alle unsere Sinne in dieser Weise theoriegetränkt sind, demonstriert sehr klar das völlige Versagen der Kübeltheorie und mit ihr aller jener Theorien, die unsere Erkenntnis auf Beobachtungen zurückführen möchten, auf die Eingabegrößen für die Organismen. Im Gegenteil: Was als bedeutsame Eingabegröße aufgenommen wird und was als irrelevant übergangen wird, das hängt völlig von der angeborenen Struktur (dem “Programm”) des Organismus ab.
Quelle: Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf