Spießertum, das ist eine künstliche, gekünstelte, nicht ganz so ehrliche Mentalität, ist der Opportunismus, der nur jubelt, weil es der Situation entspricht. Spießertum ist die Wahl der bequemen Option, die rüde Sexbesessenheit, der Prominentenwahn von beiden, der exhibitionistischen wie der voyeuritischen Seite, die Suche nach bequemen Schlängelpfaden, die goutierliche Opferlust, die einem jede Verantwortung abnimmt, die wachsende Esoterik, der gigantische Zeitaufwand, der hypochondrischen Selbstbeobachtungen gewidmet wird, andererseits die gargantueske Verfressenheit, die sich in siebentausend Kochbüchern widerspiegelt, der Overkill an Trashkultur, die kleine Sehnsucht nach Bemutterung, die lustvolle Einrichtung in den Ängsten, die Entäußerungen der Lebensgestaltung in Gestirnsabläufe, die Beschwörung von Apokalypsen, das pseudo-wissenschafltiche Geschwafel bei menschlichen Beziehungen, die Unfähigkeit vieler Pädagogen, mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel umzugehen, die zunehmende Trivialisierung eines wichtigen Massenmediums, die fehlende Gelassenheit und das völlige Verschwinden des Humors – gleichzeitig die sorgsame Überwachung der kleinsten Chance, das Drängen in die Öffentlichkeit, die Kolonialisierung der Alltagswelten anderer mit den eigenen Schweiß-und-Sperma-Problemen, der Verlust der Intimität bis in die Werbung, dröhnende Zotenmentalität, die sich Comedy nennt, und der Verlust jeder intellektuellen Zivilcourage, die Getriebenheit des Managers, der sich Gurus hält, statt den Mut aufzubringen, Entscheidungen zu treffen, ist die geistige Frühpensionierung des Hochschulprofessors, der sich knatschig in seiner vergilbten und ergrauten Achundsechzigermentalität einrichtet.
Spießertum, das ist die rücksichtslose Herabwürdigung der Massenmedien zu einem Turboverdichter der eigenen kleinen Prominenz durch Pseudo-Prominente und der Zug der Lemmingei in die „angesagten“ Entertainment-Paradiese.
Quelle: Die Revolution des Spießertums. Wenn Dummheit epidemisch wird.