In Wirklichkeit ist die Expression aus dem Grunde sozial schöpferisch, weil sie sich nicht völlig realisieren kann. … Solcherart bleibt die Selbstverwirklichung der Persönlichkeit stets unbeendet, wodurch die Persönlichkeit zur Quelle einer sozial wertvollen Bemühung wird, weil sie das Feld einer permanenten Ungestilltheit ist, das zur Aufhebung seiner selbst drängt, ohne diese je völlig zu verwirklichen. Eben das nennen wir menschliches Schaffen. Diese dynamische Interpretation der Persönlichkeit ist versucht, die Situation des Gegensatzes zwischen der Dingwelt als potentielle Quelle von sozial wertvollem Verhalten zu formulieren; dagegen will sie diesen Gegensatz nicht schlechthin als konstante Nichtzurückführbarkeit beider Welten akzeptieren und sich solcherart mit der angeblich aussichtslosen und permanenten monadischen Situation der Persönlichkeit abfinden; auch will sie weder einen Ausweg in der anpassenden Nivellierung der Persönlichkeit zum Milieu suchen, noch die absurde Theorie des Glücks als dauerhafte Zufriedenheit propagieren, das heisst als den Tod. Sie versucht, die Persönlichkeit in ihrem permanenten Dialog mit der sozial verdinglichten Welt zu begreifen; in diesem Dialog stellt die Bewegung der schöpferischen Expression, in der sich die Persönlichkeit realisiert, und die rückläufige Bewegung, die auf der Aneignung der durch die eigene Ausdruckstätigkeit bereits modifizierten Welt beruht, zwei entgegengesetzte und einander provozierende Prozesse dar. 

Quelle:  Traktat über die Sterblichkeit der Vernunft. Philosophische Essays

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