Die Quantentheorie .. stellte tatsächlich einen Vorstoß ins Unbekannte dar; mit ihrer Hilfe dringt man in eine Welt von Phänomenen ein, die sich nicht in das Vorstellungsgebäude der Physik des vergangenen Jahrhunderts einfügen lassen. Um die Quantentheorie zu begründen und weiterzuentwickeln, musste man eine neue physikalische Sprache und Denkweise schaffen. Durch sie erschloss sich der Einsicht des Menschen die Welt der Atome und Moleküle mit ihren diskreten Energiezuständen, charakteristischen Spektren und chemischen Bindungen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich die Physik zu Beginn dieses Jahrhunderts (Anm. des 20. Jhd.) radikal verändert hat. Und diese Veränderung geht auf die Quantentheorie zurück. …

Wenn wir .. versuchen, die Einzelheiten des Quantenzustands mit einem leistungsfähigen Beobachtungsinstruments zu untersuchen, führen wir ihm zwangsläufig viel Energie zu. Die charakteristischen Quanteneigenschaften gehen dann verloren. Die unvermeidliche Grobschlächtigkeit unserer Beobachtungsmethoden – das Licht kommt wie jede andere Energie in Form von Quanten an – macht genaue Beobachtung im alten Sinn des Wortes unmöglich. Genau dies ist die Grundlage der berühmten Unbestimmtheitsrelationen, die Heisenberg 1927 formulierte, als er mit Bohr in Kopenhagen zusammenarbeitete. …

Die große Entdeckung der Quantenphysik sind .. individualisierte Quantenzustände. Jeder bildet ein unteilbares Ganzes, solange nicht Beobachtungsmethoden in ihn eingreifen und ihn stören. Jeder Versuch, die Bestandteile des Atoms zu beobachten, setzt Mittel mit so hohen Energien ein, dass sie unausweichlich die Struktur des Quantenzustands zerstören. 

Quelle: Victor Weisskopf – Die Jahrhundert-Entdeckung: Quantentheorie. Eine kurze Geschichte über Elektronen, Protonen, Quarks und andere kleinste Teilchen  

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