Von Ralf Keuper
Bis zu dem Zeitpunkt, als Benoît Mandelbrot die Fraktale Geometrie aus der Taufe hob, ging man in der Geometrie fast ausschließlich von glatten Oberflächen und gleichmäßigen Formen aus, was dazu führte, dass die Mathematik sich eigentlich nur für die Untersuchung von Dingen verwenden ließ, die die Menschen selbst geschaffen haben.
Mandelbrot dagegen beschäftigte sich mit rauen Strukturen, wie sie in der Natur Standard sind. Dabei stellte er fest, dass sich die Strukturen der Natur am besten durch Fraktale abbilden lassen.
Was wir nach Mandelbrot unter einem Fraktal zu verstehen haben:
Ein Fraktal ist, .., ein Muster oder eine Form, deren Teile in Echo des Ganzen sind. Sieht man sich beispielsweise einen Farnwedel genauer an, so erkennt man, dass er sich aus kleineren Wedeln zusammensetzt, die ihrerseits aus noch kleineren Blattmustern bestehen. Dieses Denkmodell lässt sich natürlich in beide Richtungen verfolgen – man dann den Farn abwärts zu seinen kleinen Bestandteilen untersuchen, aber auch den ganzen Farn aus einen kleineren Teilen zusammensetzen (in: Fraktale un Finanzen. Märkte zwischen Risiko, Rendite und Ruin)
Eine gute Beschreibung der Fraktalen Geometrie liefert Norbert A’ Campo:
Die fraktale Geometrie ist ein Teilgebiet der Geometrie, das versucht, natürliche oder künstliche Gebilde, die eine sehr komplexe Struktur haben, anhand mathematischer Gesetze zu beschreiben. Nehmen wir ein Beispiel: der Blumenkohl, und am besten die Sorte Romanesco. Wenn man ein Stück davon abbricht, bekommt man einen kleineren ähnlichen Romanesco. Und davon nochmal ein Stückchen ergibt einen Blumenkohl in Miniatur. Der Blumenkohl hat eine innere Ähnlichkeit, d.h. eine geometrische Eigenschaft (auch genannt Homo Homothetie), nach der ein Teil des Objektes dem Ganzen ähnlich ist
Man spricht in dem Zusammenhang auch von Selbstähnlichkeit.
Mandelbrot war nicht der Erste, der zu Fragen rauer Strukturen forschte. Vor ihm bereitete den Mathematikern das Phänomen der Monsterkurven Kopfzerbrechen. Einen besonderen Einfluss auf Mandelbrots Denken hatte die Koch-Kurve.
Mit der fraktalen Geometrie war es auf einmal möglich, die Länge von Britanniens Küste exakt zu bestimmen. Da Fraktale sich zwischen der 2. und 3. Dimension bewegen, sind sie nach Ansicht von Mandelbrot für die Beschreibung der Natur besonders gut geeignet.
Ein weiterer Meilenstein gelang Mandelbrot mit der Mandelbrot-Menge, auch Apfelmännchen genannt. Möglich wurde dies jedoch erst durch den Einsatz der Computergrafik. Die mathematischen Vorarbeiten leiste bereits im Jahr 1905 der französische Mathematiker Pierre Fatou.
Auf große Resonanz stieß die Fraktale Geometrie in der Filmindustrie, die nun in der Lage war, mit Special Effects Neuland zu betreten. Später kamen weitere Anwendungsfelder hinzu, wie Antennen mit hoher Bandbreite bzw. Fraktalantennen, ohne die die Kommunikation mit Mobiltelefonen nicht möglich wäre.