Mit Strukturwandel der Öffentlichkeit hat Jürgen Habermas seinen Ruf als Sozialphilosoph begründet. Noch heute wird das Werk in Diskussionen um die öffentliche Teilhabe in Medien und Politik herangezogen, ja sogar versucht,  seinen Begriffsapparat auf die Welt des Web 2.0 anzuwenden.


Von der Faszination, die Strukturwandel der Öffentlichkeit damals auf ihn ausgeübt hat, berichtet der Publizist Michael Haller in einem InterviewSo habe ihn vor allem der Gedanke einer sich selbst aufklärenden Gesellschaft, in der ein Diskurs publizistisch hergestellt wird, inspiriert. Habermas’ Vorstellung einer rationalen Organisation der Gesellschaft im Diskurs war für die damalige Zeit noch neu. Seinerzeit war die Vermachtung der Öffentlichkeit durch Massenmedien und Konzerne schon nicht mehr zu übersehen. Jedoch habe Habermas die Möglichkeit der Herstellung einer diskursiven Öffentlichkeit überschätzt. Moderne Gesellschaften sind so komplex und vielschichtig, dass das Modell unzureichend ist. Was bleibt, ist die Idee oder das Postulat einer, rechtsstaatlich gesicherten, Öffentlichkeit als ein Raum, in dem ein Diskurs stattfinden kann, um Totalitarismus und Fundamentalismus entgegenzuwirken. In den letzten Jahren seien die Öffentlichkeiten so durchkommerzialisiert und vermachtet worden, wie z.B. durch Rupert Murdochs News Group, dass dadurch der öffentliche Diskurs gefährdet wird. Viel zu häufig werden inszenierte Schein-Debatten geführt.  

Das Internet sei durch das Herabsetzen der Eintrittsschwelle eine neue Chance für die Publizität. So entstünden durch Blogs Sub-Öffentlichkeiten, in denen die Teilnehmer das Argumentieren üben können. Die jüngere Generation  verabschiede sich ohnehin von der Massenkommunikation durch Tageszeitungen und Fernsehen, die keine Glaubwürdikgeit mehr besitzen, da ihnen nicht mehr zugetraut wird, einen Diskurs zu veranstalten. Unser Schulsystem sollte daher die Schüler darin unterrichten, was ein öffentlicher Diskurs ist. 

Als blinden Fleck seiner Theorie bezeichnet Haller die Vernachlässigung der Information als Voraussetzung für die Bildung einer Meinung, wie es der angelsächsischen Tradition entspricht. 

Der Strukturwandel der Öffentlichkeit bleibe wichtig als Impuls- und Ideengeber für gemeinwohlorientiertes Handeln in  einer Demokratie. 



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