Von Ralf Keuper

Eine Mitschrift aus der Ringvorlesung und Podiumsdiskussion Plurale Ökonomik unter dem Motto: Wirtschaftswissenschaften: Anpassung oder Paradigmenwechsel.

Den Anfang machte der Wirtschaftsmathematiker Jürgen Kremer. Seiner Auffassung nach handelt es sich bei der aktuellen Ökonomie eher um eine ideologische Lehre und opportunistische Gefälligkeitsdisziplin als eine Wissenschaft. Obwohl sich einige der grundlegenden Annahmen der Ökonomie , z.B. über die Funktion des Geldes in Wirtschaft, als falsch herausgestellt haben, tauchen sie in den einschlägigen Lehrbüchern nach wie vor unkommentiert auf. Die Ökonomie ist für die Lösung der vor uns liegenden Aufgaben überfordert und bedarf daher der Unterstützung bzw. Ergänzung durch andere Disziplinen wie der Geschichtswissenschaft, des Staatsrechts und der Philosophie. Die Alternativen sind zwar vorhanden, jedoch noch nicht organisiert.

Hartmut Egger vertritt nach eigener Aussage den Mainstream. Der Durchbruch der Ökonomie als selbständiger Wissenschaft geschah mit dem Aufkommen dezentraler Märkte. Von nun an war es möglich, dass jeder Akteur seinen eigenen Nutzen verfolgen und häufig auch maximieren konnte, ohne das Fortkommen des Ganzen zu gefährden. Marktwirtschaft funktioniert demnach auch dann, wenn jeder seinen Nutzen maximiert. Jedoch funktioniert dieses Prinzip nicht immer. Für ihn ist Adam Smith der Begründer der Volkswirtschaftslehre.

Die Marktwirtschaft hat sich inzwischen durchgesetzt, weshalb sich die Systemfrage nicht mehr stellt.

Anders als häufig angenommen, beschäftigt sich die Ökonomie sehr wohl mit Fragen der gerechten Verteilung der Renten.

Der Mainstream repräsentiert für Egger den aktuell gültigen Stand der Lehre, wenngleich einige Schwächen nicht zu übersehen sind. Die Anpassungsfähigkeit ist die Stärke des Mainstreams; was dort ankommt, hat sich durchgesetzt und ist damit eigentlich auch schon legitimiert. Zwar sind mathematische Modelle Vereinfachungen, was aber nichts wesentlich daran ändert, dass sie für die Forschung weiterhin von Bedeutung sind.

Helge Peukert, Finanzsoziologe, bezeichnet den Modeling Approach des Mainstreams der Ökonomen als Superparadigma. Es werden mathematische ad hoc – Modelle kreiert und mittels ökonometrischer Verfahren und Data Mining getestet. Daraus entsteht ein hegemonialer Habitus, der heterodoxe Ansätze ausschließt bzw. marginalisiert. Dadurch erklärt sich auch, dass 4/5 aller Ökonomen Neoklassiker sind. Das hat zu einer Monokultur geführt, von Pluralismus kann daher keine Rede sein. Nicht alles was dominant ist, ist auch besser. So fasst die Neoklassik die Ökonomie nach wie vor als ein geschlossenes System auf, ohne zu berücksichtigen, dass sie auch von psychologischen, politischen und umweltbedingten Faktoren wesentlich, häufig sogar entscheidend beeinflusst wird. Mit den Small Model der Neoklassik ist die Realität daher nicht einzufangen. Die Welt ist dafür zu unübersichtlich.

Problematisch ist der methodenimmanente Konservativismus in der Ökonomie, der den Studenten noch immer initial vermittelt wird.

Der methodische Individualismus ist nicht der einzige Weg. Benötigt wird auch eine holistische Sichtweise. Menschen handeln auch nach Normen und längst nicht nur nach dem Nutzen. In der Vergangenheit existierte nicht nur die Schule von Adam Smith, sondern auch andere Schulen, wie in Deutschland die historische. Eine Vielfalt, die heute fehlt.

Weitere Informationen:

Tribal Warfare in Economics Is a Thing of the Past

Sind alle Ökonomen Autisten?

Wirtschaftswissenschaft: Die Wandlung der Ökonomen-Haltung

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