Visuell-räumliche Standardtests zeigen bei normalen Erwachsenen mit zunehmendem Alter einen so auffälligen Leistungsabfall, dass man schon vermutete, die rechte Hemisphäre altere schneller. Zugleich schneiden Personen mit hoch entwickelten räumlichen Fähigkeiten bis an ihr Lebensende sehr gut ab. Nach meiner Meinung hat jede Intelligenz ihre natürliche Lebenskurve; während sich das logisch-mathematische Denken bei allen Menschen als altersanfällig erweist und auch die körperlich-kinästhetische Intelligenz gefährdet erscheint, zeigen sich zumindest einige Aspekte des visuellen und räumlichen Wissens widerstandsfähig, besonders bei Personen, die sie ihr ganzes Leben hindurch genutzt haben. Es gibt einen Sinn für das Ganze; eine Sensibilität für die “Gestalt”, die für räumliche Intelligenz eine zentrale Rolle spielt und eine Art Ausgleich für die Verluste im Alter darstellt. Die nicht endende und vielleicht sogar verstärkte Fähigkeit, das Ganze wahrzunehmen; selbst dann noch Muster zu erkennen, wenn bestimmte Details oder Feinheiten verlorengingen. Möglicherweise beruht Weisheit unter anderem auf dieser Sensibilität unter anderem auf dieser Sensibilität für Muster, Formen und Ganzheiten.
Quelle: Abschied vom IQ. Die Rahmen-Theorie der vielfachen Intelligenzen