Das Wort “Katastrophe” verbirgt bereits eine Unterstellung insofern, als der Mensch sich durch jene Seite der Lebensveränderung, die ihm als Tod und Untergang erscheint, weit stärker betroffen fühlt als durch ihr Äquivalent: das Eintretende.
Aber auch hier gilt das Gesetz von der Erhaltung der Energie. Wahrscheinlich ist das Eintreten neuer Typen und ihre Ausbreitung immer mit mehr oder minder sichtbaren Katastrophen verknüpf, die ihnen die Tür öffneten. .. Die Stammbäume, die heute in der Zoologie und Anthropologie entworfen werden, gleichen, .. , nicht mehr wie früher einem System von Linien, sondern man sieht die Äste sich zuweilen jäh ausbauchen und dann wieder verschmälern oder auch absterben. Die Schemata erinnern an jene Buchbäume, die vom Gärtner auf groteske Weise zurechtgestutzt sind. Sie deuten auf Einschnitte.
Diese, oft explosionsartige, Ausdehnung und Beschneidung ist schwer denkbar ohne geologische Einrahmung. Der struggle of life bleibt ihr gegenüber sekundär, ja reines Symptom. Ein Positionsgewinn geht ihm voraus. Wenn etwa die Durchschnittstemperatur um wenige Grade stiege, so dass in Norwegen und im Feuerland die Palmen und an den Polen die Mandelbäume blühten, so würde das nicht nur botanische, sondern auch zoologische und ethnische Invasionen zeitigen. Nicht nur eine Summe von Veränderungen, sondern eine neue Harmonie, ein neuer Weltstil würde die Folge sein. ..
Es ist anzunehmen, dass das Leben selbst auf Extreme noch eine Antwort, noch Reserven hat. Wir finden es in den Wüsten, in kochenden Quellen, an Eisrändern. Natürlich könnte auch die Vernichtung seiner organischen Formen das Leben nicht beeinträchtigen. Das Universum lebt.
Quelle: An der Zeitmauer