Von Ralf Keuper


Für Ludwig Wittgenstein lag der Schüssel der Wahrheit in der Sprache. Da sich Welt und Denken in der Sprache begegnen, ist jeder Satz ein Modell der Wirklichkeit. Jeder wahre Satz bildet einen Sachverhalt ab. 
Die Sprache verkleidet den Gedanken. Sie ist wie ein Haus nach bestimmten Bauplänen errichtet. Da die Kombinationsmöglichkeiten der Sprache begrenzt sind, sollte die Idealsprache so exakt wie die Naturwissenschaften sein. Der Mensch kennt nur noch die Namen der Dinge, nicht die Dinge selbst. 

So weit Wittgensteins Frühwerk, dessen Höhepunkt und Abschluss sein epochales Werk Tractatus Logico-Philosophicus ist.

In seinen anschließenden Forschungen wendet sich Wittgenstein der Alltagssprache zu. Konnte er in seiner Sprachphilosophie noch auf die Werke seiner Vorgänger zurückgreifen, betrat er hier Neuland. 
Von nun beschäftigt ihn die Frage, wie die Sprache in alltäglichen Lebenssituationen verwendet wird, was wir tun, wenn wir denken. Sprechen und Handeln sind für ihn fortan verknüpft und bilden Sprachspiele. Deren Regeln lernt man erst, wenn man mit anderen zusammen handelt und spricht. Daraus folgt für Wittgenstein, dass wir im Sprechen abgerichtet werden. 
Das Sprachspiel funktioniert ähnlich wie das Schachspiel. Ein Wort zu verstehen bedeutet seinen Gebrauch zu kennen. Die zugrundeliegenden Regeln sind die Technik des sozialen Lebens. Sprachspiele sind aber auch Quellen für Missverständnisse zwischen den Kulturen. Daher ist die Kenntnis des Lebenszusammenhangs der Beteiligten entscheidend. Nicht die logische Abbildbeziehung, der Gebrauch klärt die Wahrheit der Worte.

Wittgenstein hat die Sprachwissenschaft wie kein anderer Philosoph der letzten hundert Jahre beeinflusst, wie z.B. die Sprechakttheorie. Für Wittgenstein ist der Mensch von Grund auf sozial. 

Quelle: Wittgenstein Die Wahrheit der Worte (3Sat)

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