Von Ralf Keuper

Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp, Autor etlicher lesenswerter Bücher, äußert sich in einem Interview mit Alexander Kluge zur Bedeutung der Koralle als Modell für die gesamte Natur in der Evolutionstheorie von Charles Darwin.  Darwin erkannte in der Koralle die Metapher der Evolution, da sie für ihn wie keine andere Lebensform die Spannung von Absterben und wucherndem Überleben repräsentierte. Dagegen erschien ihm der Baum als Metapher ungeeignet, da er dieses Wechselverhältnis nicht darstellen konnte, weshalb er auch den Begriff “the coral of live” dem des “the tree of live” vorzog. Überdies ist die Koralle unhierarchischer organisiert als der Baum, weshalb sie Darwins Verständnis der Evolution näher kam, in der keine Hierarchie existierte und die Beziehungen lateralisiert waren. Evolution von den Rändern her gedacht. Am Rand sitzen demnach die alles beherrschenden Bakterien, die uns Menschen und andere Lebewesen auf der Bühne ihr Stück aufführen lassen, Gedanken, wie sie auch Stephen Jay Gould in Illusion Fortschritt. Die vielfältigen Wege der Evolution vorgebracht hat. Darwins Vorstellung der Evolution wich damit deutlich von der Ernst Haeckels ab, der als Stichwortgeber des Sozialdarwinismus gilt.  Schon die Antike fasste die Koralle als Metapher der Natur auf, als Symbol der Gestalterin und der Kraft, trotz ihrer physisch schwachen Form. Bredekamp bezeichnet die Korallen als Kathedralen der Evolution und als Prinzip des Lebens schlechthin. 

Die Biologie war und ist immer auch eine als Erzählung großer Interpreten gewesen, wie Alexander von Humboldt, den Darwin  als zweite Sonne bezeichnete. 

Die Koralle als Sinnbild der Schönheit, weil vielfältig und unhierarchisch. Klingt irgendwie im besten Sinne europäisch. 
2 Gedanken zu „Horst Bredekamp: Darwins Koralle als Metapher der Evolution“

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