Von Ralf Keuper

Die Frage, ob Tiere ein Bewusstsein haben oder über ausgeprägte kognitive Fähigkeiten verfügen, beschäftigt die Wissenschaft seit geraumer Zeit. Insekten waren davon bisher ausgenommen. Nun jedoch fragt Peter Singer Are Insects Conscious?.  Singer kommt zu der Überlegung:

Insects have a central ganglion that, like a mammalian midbrain, is involved in processing sensory information, selecting targets, and directing action. It may also provide a capacity for subjective experience.

Weiterhin hebt Singer hervor:

Insects are a very large and diverse category of beings. Honeybees have about a million neurons, which isn’t many compared to our roughly 20 billion neocortical neurons, let alone the 37 billion recently found in the neocortex of a pilot whale. But it is still enough to be capable of performing and interpreting the famous “waggle dance” that conveys information about the direction and distance of flowers, water, or potential nest sites. Caterpillars, as far as we know, have no such abilities. But they may still be conscious enough to suffer as they starve.

Wenn dem so sein sollte, dann sind Insekten in der Lage, Schmerz zu empfinden wie überhaupt weitaus mehr Bewusstsein in der Welt wäre, als wir derzeit noch annehmen:

If insects have subjective experiences, there is much more consciousness in the world than we may have thought, because there are, according to an estimate from the Smithsonian Institution, some ten quintillion (10,000,000,000,000,000,000) individual insects alive at any one time.

Intensiv mit Insekten beschäftigt und ihr Verhalten in literarischer Form verarbeitet haben u.a. Ernst Jünger und Jean-Henri Fabre. Letzterer war nicht nur ein großer Forscher, sondern auch ein großer Literat; womit nicht gesagt ist, Jünger sei kein großer Schriftsteller gewesen.

Jedenfalls hat sich Fabre in seinen Erinnerungen eines Insektenforschers I mit ähnlichen Fragen beschäftigt, wie mehr als hundert Jahre später Peter Singer u.a. .

In dem Kapitel Die Unwissenheit des Instinkts schreibt Fabre:

Durch einen seltsamen Widerspruch, der für die instinktiven Fähigkeiten typisch ist, geht großes Wissen mit ebenso großem Unwissen einher. Für den Instinkt ist nichts unmöglich, so schwierig das Problem auch sein mag. Bei der Herstellung ihrer sechseckigen Zellen mit einem Boden aus drei Rauten löst die Biene mit absoluter Präzision das komplizierte Problem von Maximum und Minimum, das nur Menschen mit hoher mathematischer Intelligenz bewältigen. Die Hautflügler, der Larven von Beute leben, haben bei ihrer mörderischen Kunst Methoden, zu denen selbst ein in den Geheimnissen der Anatomie und Physiologie bewanderter Mensch kaum in der Lage wäre. Für den Instinkt ist nichts schwierig, wenn alles in der dem Insekt vorbestimmten immer gleichen Weise verläuft, aber für den Instinkt ist wiederum nichts leicht, wenn irgendetwas anders ist als sonst. Das Insekt, das uns durch seine hohe Intelligenz erstaunt, verblüfft uns einen Moment später durch seine Dummheit bei einer ganz einfachen Sache, die aber für es ungewohnt ist.

Das Verhaltensmuster, das Fabre beschreibt,  ist vom menschlichen jetzt auch nicht so weit entfernt 😉

Gut möglich, dass die neuesten Forschungen die Bedeutung des Instinkts für das Verhalten der Insekten relativieren und die kognitiven Fähigkeiten ihr Recht bekommen.

Weitere Informationen:

Insekten: Die heimlichen Herrscher der Welt

Are insects ‘philosophical zombies’ with no inner life? Close attention to their behaviours and moods suggests otherwise

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