Die schroffen und die vielfach äußerst illiberalen Reaktionen auf abweichende Meinungen oder Tendenzen, wie sie im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit der studentischen Linken sichtbar sind, geben zu einiger Besorgnis Anlass. Gleiches gilt allerdings auch von den gereizten Reaktionen der Intelligenz auf die Artikulierung besitzbürgerlicher Instinkte durch Teile der deutschen Öffentlichkeit. Ebenso bedenklich sind die jüngst wieder vermehrt auftretenden Tendenzen, den Meinungen und Aktivitäten marginaler Gruppen der Gesellschaft, sei es linker, sei es „grüner“ Observanz, mit einer Mischung aus Dogmatismus und administrativem Patriarchalismus gegenüberzutreten, statt auf die Absorptionskraft des demokratischen Konsensus zu vertrauen. Noch sind wir um einiges von einem wirklichen demokratischen Konsens entfernt, der nicht nur auf materiellen – und daher den Wechselfällen der Zeit unterworfenen -, sondern auch auf gesicherten ideellen Grundlagen beruht.

Quelle: Stichworte zur geistigen Situation der Zeit, 1. Band: Nation und Republik, hrsg. von Jürgen Habermas (1979)