Es ist also für den Künstler viel wichtiger, dem Ideal, das er in sich trägt und das ihm eigen ist, nahe zu kommen, als das vergängliche Ideal, das die Natur darbieten kann, festzuhalten. Gerade darin, dass nur ein bestimmter Mensch und nicht das Gros der Menschen die Natur auf eine ideale Weise sieht, liegt der Beweis, dass seine Phantasie das Schöne hervorbringt, genau deshalb, weil er seinem Genie folgt. Diese Arbeit der Idealisierung stellt sich bei mir fast ohne mein Wissen ein, sobald eine Komposition, die aus meinem Hirn hervorgegangen ist, wieder durchpause. Die zweite Version ist immer verbessert und nähert sich mehr einem notwendigen Ideal. So tritt ein scheinbarer Widerspruch ein, der die Erklärung bietet, wieso eine zu detaillierte Ausführung, wie die von Rubens z.B., der Wirkung auf die Phantasie nicht zu schaden braucht.
Quelle: Eine Auswahl aus den Tagebüchern. Hrsg. von Hans Platschek