Von Ralf Keuper

Schon die römischen Kaiser wussten um die Bedeutung des Spiels für eine Gesellschaft. Um das Volk bei Laune zu halten, errichteten sie Spielstätten, in denen die Zuschauer den verschiedensten Spektakeln beiwohnen konnten, wie im Kolosseum in Rom. Den römischen Dichter Juvenal veranlasste das zu einer Satire, worin er das auch heute noch geläufige Motto panem et circenses prägte – Brot und Spiele.

Allerdings wäre es einseitig, die Bedeutung des Spiels nur auf manipulative Zwecke zu reduzieren. Der niederländische Historiker Johan Huizinga sah im Spiel den Ursprung der Kultur. In seinem Buch Homo Ludens – Vom Ursprung der Kultur im Spiel breitet Huizinga seine Gedanken dazu aus. Der Vorzug des Spiels ist, dass es seinem Wesen nach universell ist:

Das Vorhandensein des Spiels ist an keine Kulturstufe, an keine Form von Weltanschauung gebunden. Ein jedes denkende Wesen kann sich die Realität Spiel, Spielen, sogleich als ein selbständiges, eigenes Etwas vor Augen führen, sogar wenn seine Sprache kein allgemeines Begriffswort dafür besitzen sollte. Das Spiel lässt sich nicht verneinen. Nahezu alles Abstrakte kann man leugnen: Recht, Schönheit, Wahrheit, Güte, Geist, Gott! Den Ernst kann man leugnen, das Spiel nicht.

Häufig ist das Spiel der einzige Weg, um der allumfassenden (Zweck-) Rationalität zeitweise zu entgehen – damals wie heute:

Das Dasein des Spiels bestätigt immer wieder, und zwar im höchsten Sinne, den überlogischen Charakter unserer Situation im Kosmos. Die Tiere können spielen, also sind sie bereits mehr als mechanische Dinge. Wir spielen und wissen, dass wir spielen, also sind wir mehr als bloß vernünftige Wesen, denn das Spiel ist unvernünftig.

Auch, oder gerade im Informationszeitalter hat das Spiel seinen Platz behalten. Erwähnt sei die schier endlos wachsende Zahl der Computerspiele. Ökonomen haben eine Spieltheorie entwickelt, die jedoch vom Homo Oeconomicus und nicht vom Homo Ludens ausgeht.

Spiel kann auch zur Sucht werden und dabei destruktive Züge annehmen. Fjodor Dostojewski, selbst von der Spielsucht geplagt, arbeitete seine Erfahrungen in dem Roman Der Spieler auf. Gesellschaftsspiele dienen in erster Linie der Geselligkeit. Ein lesenswerter Blog zu dem Thema ist zuspieler.de. Sportereignisse, insbesondere aus dem Profi-Sport, haben neben der Unterhaltungs- vor allem eine kommerzielle Funktion.

Seit einiger Zeit versuchen Unternehmen ihre Kunden über Anwendungen, die spielerische Elemente enthalten, an sich zu binden. Das Schlagwort hierfür heisst Gamification.

Das Spiel hat mindestens zwei Gesichter – zum einen kann es sinnstiftend und kreativitätsfördernd sein, zum andern kann es für manipulative Zwecke gebraucht werden oder in die Sucht führen.
Der richtige Umgang mit dem Spiel erfordert ein gewisses spielerisches Geschick 😉

Weitere Informationen:

Gamestudies: Aus der medialen Schmuddelecke

Mit Gamification der Prokrastination ein Schnippchen schlagen

Robert Pfaller: Wofür es sich zu leben lohnt

Doch lieber spielen als leben? Der Game-Forscher Markus Rautzenberg im Gespräch mit Timo Grampes

Zur Geschichte des Spiels von und mit der Evolution

Digitale Spiele im interdisziplinären Diskurs. Entwicklungen und Perspektiven der Alltagskultur, Technologie und Wirtschaft

Projekt Sumerian Game: Digitale Rekonstruktion eines Spiels als Simulation eines Modells

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