Von Ralf Keuper

Im Königreich Buthan ist das Maß der Dinge nicht der (materielle) Wohlstand, sondern die Zufriedenheit der Bewohner, weshalb das Glück auch  Staatsziel Nr. 1. ist, wie eine Fernsehdokumentation zeigt.  Eigens hierfür hat das Institut für Buthan-Studien einen speziellen Maßstab, den Glücksindex, entwickelt, mit dessen Hilfe der emotionale Querschnitt der Bevölkerung gemessen wird. Wiederholte Messungen machen so Trends für das Glück sichtbar. 

Seit 50 Jahren haben alle Einwohner ein Recht auf Bildung. Der Anteil der Analphabeten ist jedoch noch immer hoch.
Befragt nach ihrem Verständnis eines glücklichen und zufriedenen Lebens, äußern die Bewohner häufig, die Verbundenheit mit ihrer Kultur und deren Werte. Materiell recht anspruchslos, ist ihnen die Erkundung ihrer Persönlichkeit wichtiger.

70% der Einwohner Buthans leben von der Landwirtschaft. Jeder Dritte hat ein Einkommen von weniger als 20 Dollar pro Monat. Auch die Oberschicht gibt an, gegen die materiellen Verlockungen weitgehend gewappnet zu sein, da es den Kern ihrer Persönlichkeit nicht betrifft.

Auch im Westen mehren sich die Stimmen, die in dem Bruttoinlandsprodukt keinen geeigneten Indikator für den Wohlstand eines Landes sehen. Gesundheit, Bildung und kulturelle Verwurzelung werden nach Ansicht von Johannes Hirata von der Universität Osnabrück bei der Wohlstandsmessung kaum bis gar nicht berücksichtigt. Demgegenüber hat in Buthan die religiöse und kulturelle Identität einen hohen Stellenwert. Im Buddhismus steht die Beherrschung der eigenen Wünsche und Begierden im Zentrum. 

Ein Fehler ist es laut Hirata, das Wachstum an erster Stelle zu positionieren und alle Lebensbereiche diesem Ziel unterzuordnen.  Die Wirtschaft sollte dazu da sein, die Lebensqualität des einzelnen zu steigern. Wachstum ist daher kein Wert an sich. 

Schon lange geht es nicht mehr darum, einen Mangel an Gütern und Konsum zu beheben – die Überflussgesellschaft ist Realität. Die Rechnung mehr (materieller) Wohlstand = mehr Glück geht in den Industrieländern nicht mehr auf. 

Amartya Sen und Joseph Stiglitz regen daher an, die Welt neu sozial zu vermessen. Arbeit, Gesundheit, Bildung und Beziehungen sind wichtiger als das reine Geld und als Wachstum um seiner selbst willen. Die Frage muss daher auch lauten, welche Umwelt- und Sozialkosten mit dem Wachstum verbunden sind. 

So neu und ungewöhnlich ist die Staatsverfassung Buthans nicht. Ähnliche Gedanken finden sich auch in der von Thomas Jefferson entworfenen Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahr 1776:

dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; dass dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück(Life, Liberty and the Pursuit of Happiness) gehören; dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingerichtet werden, die ihre rechtmäßige Macht aus der Zustimmung der Regierten herleiten (deriving their just powers from the consent of the governed); dass es das Recht des Volkes ist, die Regierungsform zu ändern oder abzuschaffen (to alter or to abolish it) und eine neue Regierung einzusetzen, die Sicherheit und Glück des Volkes gewährleistet (in such form, as to them shall seem most likely to effect their Safety and Happiness).

Weitere Informationen: Buthan. Du sollst glücklich sein!

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